Reflexion: Nebenberufliche Promotion: Fluch oder Segen?
Eine persönliche Anmerkung: Ich blicke auf meine berufsbegleitende Promotion der letzten vier Jahre zurück. Die Balance zwischen Promotion und Vollzeitjob ist ein heikler Balanceakt, insbesondere für Selbstständige. Neben dem Beruf zu promovieren, ist eine große Herausforderung. Ist es Fluch oder Segen? Lies meine Analyse und Reflexionen zu meinen Erfahrungen.
Rund 17 Prozent der Doktoranden sind dieser Doppelbelastung ausgesetzt und promovieren extern, wie eine Studie des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ) zeigt. Wer Promotion und Beruf kombinieren möchte, muss vorausschauend planen, Willensstärke beweisen und viel Durchhaltevermögen beweisen. Das kann ich anhand meiner berufsbegleitenden Promotion, die ich gerade erfolgreich abgeschlossen habe, bestätigen. (Foto: Dometto )
Vorteile einer berufsbegleitenden Promotion
Ein Doktortitel ist in Deutschland noch immer eine Ausnahme. Laut Statistischem Bundesamt haben nur 1,4 Prozent der Deutschen im Alter von 25 bis unter 65 Jahren erfolgreich promoviert. Ein Dr. oder der internationale Titel PhD steigert das gesellschaftliche und berufliche Ansehen.
Viele Menschen wünschen sich mit einer Promotion mehr Verantwortung, Anerkennung und ein höheres Einkommen. Auch Selbstständige profitieren von einer Promotion, die gegenüber Kunden Kompetenz signalisiert und Vertrauen schafft. Studien belegen den Wettbewerbsvorteil einer Promotion (z. B. Kienbaum-Studie, Dezember 2008).
Nachteile einer berufsbegleitenden Promotion
Für berufstätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist die Promotion mit formalen, bürokratischen und praktischen Hürden verbunden. Wer nebenberuflich und nicht als wissenschaftliche Hilfskraft an einer Universität promovieren möchte, hat es schwer. Externe Promotionsstellen sind selten, Ausgang und Dauer des Verfahrens sind oft ungewiss. Zudem fehlt den Promovierenden der hochschulrechtliche Status einer eigenständigen Promotion.
Probleme der Teilzeitpromotion
Folgende Faktoren sind besonders kritisch:
- Das Fehlen verbindlicher Strukturen im Promotionsprozess,
- Reise-, Immatrikulations- und Promotionskosten;
- Mangel an Zeit, Ressourcen und Kapazitäten aufgrund doppelter Arbeitsbelastung;
- Die effektive Dauer des Promotionsstudiums bis zum Erwerb des Doktorgrades ist nicht planbar;
- Für Selbstständige: Umsatz- und Gewinnverluste durch den Aktionszeitraum.
Neben der mangelnden zeitlichen und strukturellen Ausgestaltung des Ablaufs gibt es häufig auch Defizite bei der Betreuung der Dissertation: Laut einer Umfrage des Doktorandennetzwerks „Thesis“ (2004) fühlt sich fast ein Drittel der Doktoranden von ihrem Betreuer wenig motiviert, ein Siebtel der Doktoranden wird von seinem offiziellen Betreuer gar nicht betreut. Glücklicherweise hatte ich einen kompetenten und engagierten Doktorvater, der mich gut unterstützt hat.
Förderung im Ausland
Der Bologna-Prozess hat zu einer europaweiten Harmonisierung des Bildungssystems geführt. Ein Doktoratsstudium mit eigenständiger Forschung, das zum Doktortitel ( PhD) führt , kann daher auch innerhalb Europas absolviert werden. Ich habe beispielsweise mein berufsbegleitendes Doktoratsstudium an der Slowakischen Technischen Universität Bratislava absolviert . Warum? Um dies zu verstehen, muss ich den Kontext, insbesondere die Reform des Bildungssystems, erläutern.
Interne versus externe Beförderung
Trotz reformierter Studiengänge an den Universitäten wird in Deutschland noch weitgehend an der traditionellen Form der internen Promotion festgehalten , die für mich ungeeignet war. Was ist der Unterschied zwischen einer internen und einer externen Promotion?
- Bei einer internen Promotion handelt es sich um eine bezahlte Stelle als wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in am Lehrstuhl. Die interne Promotion dauert etwas länger, da du in Teilzeit am Lehrstuhl oder Institut tätig bist. Diese Option wird in der Regel direkt nach dem Abschluss wahrgenommen.
- Eine externe Promotion beschränkt sich auf die Betreuung der Dissertation selbst. Das Betreuungsverhältnis bei einer externen Promotion unterscheidet sich von dem bei einer internen Promotion: Der Doktorvater nimmt einen Doktoranden an, der Doktorand bearbeitet anschließend sein Thema selbstständig.
Eine externe Promotion bietet sich an, wenn die Forschungstätigkeit eine eigenständige Herangehensweise erfordert. Arbeitszeit und -ort können eigenständig gestaltet werden. Das war der Grund für meine externe Promotion. Zudem muss der Schwerpunkt des Programms passen – in meinem Fall eine Technische Universität mit wirtschaftswissenschaftlicher Fakultät. Und auch die Chemie zwischen Doktorvater und Doktorand muss stimmen.
Viele Universitäten im Ausland haben im Zuge des Bologna-Prozesses ihre Doktorandenprogramme massiv ausgebaut , darunter Prag, Wien und Bratislava. Dadurch entstehen Bildungsangebote, die einem Fernstudium ähneln. Nach Bewerbung und Aufnahmeprüfung wird die Universität akkreditiert. Studierende erhalten einen Lehrplan mit Prüfungs-, Haus- und Semesterarbeiten, den sie in Absprache mit ihrem Doktorvater selbstständig bearbeiten.
Man reicht seine Forschungsergebnisse ein und erhält ECTS- Punkte. Nach Abschluss der erforderlichen Semester und dem Erwerb ausreichender Credits legt man die Prüfung ab. Man muss sich mit dem Ausbildungsablauf im Ausland, den Prüfungsordnungen der Universität und der interkulturellen Mentalität vertraut machen. Das erfordert Aufwand. Soweit mir bekannt ist, gibt es in Deutschland jedoch keine vergleichbaren Promotionsprogramme, was ich bedauere.
Gründe für den Abbruch einer berufsbegleitenden Promotion
Viele, die mit mir angefangen haben, haben aufgegeben, weil …
- die Motivation ist zusammengebrochen oder das Forschungsdesign war nicht möglich;
- es gab Turbulenzen im privaten Bereich wie Scheidung, Trennung oder Todesfall;
- es gab Veränderungen im beruflichen Umfeld wie: neuer Job oder neues Projekt;
- die Anforderungen und Belastungen der Doppelbelastung waren nicht realisierbar;
- Hinzu kamen persönliche Probleme wie Schlafstörungen, Magenschmerzen oder Burnout.
Fazit: Teilzeitpromotion : Fluch oder Segen?
Bei mir war es beides. Ich habe während meiner Dissertationsforschung intellektuelle Hochgefühle (Flow-Erlebnisse) erlebt, weil ich, getrieben von meiner Neugier, gerne neue Themen erkunde. Da ich während meines Studiums viel Zeit mit Lernforschung verbracht habe, fällt es mir leicht, komplexe und agile Wissensgebiete wie Social Media systematisch, effizient und produktiv zu erschließen. Auch explorative Forschung mit innovativen Methoden wie Business Intelligence macht mir Spaß . Forschung und Wissenstransfer sind daher eine Art Berufung.
Doch eine nebenberufliche Promotion hat auch Schattenseiten. Es kostet viel Zeit, Energie und Nerven, die Doppelbelastung aus fehlender Zeit, Ressourcen und Kapazitäten über Jahre hinweg zu ertragen. Da die Dauer einer Promotion unvorhersehbar ist, muss man mit dieser Ungewissheit leben. Gerade für Selbstständige ist der Spagat zwischen Promotion und Einnahmeausfall ein Balanceakt. Viele scheitern an diesen Hürden und geben auf. Mir ist dieser Spagat glücklicherweise gelungen, aber es war nicht einfach. Daher empfehle ich, im Vorfeld die Vor- und Nachteile abzuwägen, um das Risiko eines Scheiterns zu vermeiden.
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